Die Nebel von Avalon: Ein Artus-Roman

Britannien im 5. Jahrhundert: Sie ist die Priesterin der Großen Muttergöttin; ein Mädchen, das mit der Gabe des zweiten Gesichts geboren wurde. Sie ist unscheinbar, mächtig – und die Schwester von Artus, dem größten König, der je gelebt hat. Sie ist es, die ihm das machtvolle Schwert Excalibur überreicht, und sie ist es, die ihm den Untergang bringt: Morgaine le Fay, Hohepriesterin von Avalon. Und sie, die in so vielen Erzählungen des alten Sagenkreises als Antagonistin bezeichnet wird, ist es, die in Die Nebel von Avalon ihre Wahrheit über den Aufstieg und Fall des Königs der Legenden erzählt.

Die Nebel von Avalon

Wer schrieb die Nebel von Avalon?

Ich erinnere mich noch genau an meine erste Begegnung mit Marion Zimmer Bradleys Klassiker: Ich war in der fünften oder sechsten Klasse und entdeckte den schweren Hardcoverband in der Schulbücherei. Ich war fasziniert vom Titel, von der Dicke des Buches, vor allem aber vom Titelbild: von dieser geheimnisvollen Frau mit den langen, dunklen Locken, die – ein Schwert in der Hand haltend und von einem Schwan begleitet – auf einem Pferd durch eine magische Nebelwelt ritt. Ich wusste, ich muss dieses Buch lesen! Und dann kam der Bibliothekar, nahm es mir aus der Hand und teilte mir mit, dass ich für dieses Buch noch nicht alt genug sei. Nun, damit hatte er vermutlich gar nicht so unrecht, doch die meisten Leser können sicher aus eigener Erfahrung bestätigen, dass es kaum etwas gibt, was reizvoller wirkt als ein Verbot. Glücklicherweise entdeckte ich eben diesen Roman nur wenige Wochen später bei meiner Tante im Bücherregal. Ich klappte den Buchdeckel auf und war verzaubert. Marion Zimmer Bradleys lyrische Erzählstimme trug mich mitten hinein in eine phantastische Welt: in das von Kriegscharmützeln gezeichnete, frühmittelalterliche Britannien. Nach Cornwall und auf die rauen Orkney Inseln, in die Mitte magischer Steinkreise, tief hinein in wildromantische Wälder und herrschaftliche Burgen – und vor allem auf die von Nebeln verborgene Insel Avalon, wo die Priesterinnen der Großen Mutter das Alte Wissen bewahrten. Im Mittelpunkt stand eine starke Frau, die an der Seite des letzten Merlins von Britannien um all das kämpfte, woran sie glaubte, und dabei so viel verlor. Es ging um Visionen, die durch archaische Rituale heraufbeschworen wurden, um verbotene Liebesbeziehungen, zerbrochene Träume, eiskalten Verrat, leidenschaftlichen Hass und unerschütterliche Treue.

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Auf welcher Sage basiert die Nebel von Avalon?

Die Nebel von Avalon waren für mich eine Offenbarung. So phantastisch konnte Literatur sein! Ich war fasziniert von den Konzepten der Autorin, vom Inselreich Avalon, das der Welt der Feen noch nahe stand, und von den hoheitsvollen, charismatischen Frauenfiguren, die dort lebten. Das war ein Artus-Roman (wie die Artus-Chroniken von Bernard Cornwell), in dem strahlende Ritter auch schwach sein durften, in dem weise Frauen auch Fehler machten und in dem nicht alles, was richtig war, auch glücklich machte und nicht alles, was glücklich machte, auch richtig war. Es war ein gut recherchierter, phantastischer Historienroman, der uralte Sagen aus einem völlig neuen, inspirierten Blickwinkel betrachtete. Eine Nacherzählung, in der der starke Ritter Lanzelot in einer mondlosen Nacht seiner Cousine Morgaine gestehen durfte, dass er nicht etwa heimlich in die goldgelockte Königin Gwenhwyfar verliebt war, sondern, in Wahrheit, in seinen König Artus selbst. Auch das war eine persönlich wichtige Erfahrung. Um gesellschaftliche Konventionen hat sich die Autorin Marion Zimmer Bradley dankenswerter weise immer herzlich wenig geschert.

Natürlich kannte ich den Artus-Sagenkreis bereits vorher. Aber seit diesem Roman kann ich die alten Geschichten nicht mehr aus einem anderen Blickwinkel als dem betrachten, den Zimmer Bradley geprägt hat. Jede andere Nacherzählung muss sich zwangsläufig an ihrer messen. Ich habe seither diverse Artus-Romane gelesen. Einige davon fand ich furchtbar, viele davon mochte ich auch. Doch keiner reichte bis dato an Marion Zimmer Bradleys magisch-phantastischen Avalon-Roman heran.

Die Nebel von Avalon Hörbuch: Eine Altersempfehlung

Vieles in Die Nebel von Avalon verstand ich als 12-Jähriger sicher noch nicht. Das kam später, denn seither habe ich den Roman viele Male gelesen. Ganz, oder auch nur bestimmte Passagen. Es ist eines dieser Bücher, von dem ich überzeugt bin, dass es mich ein Leben lang begleiten wird. Ich besitze es in mehreren Ausgaben, die (leider nicht wirklich gelungene) Filmadaption, und auch zwei Hörbücher (den englischen Titel und den deutschen Titel). Beide sind jeweils wunderbar eingelesen, beide jedoch leider gekürzt. Ich bin nicht immer ein Freund ungekürzter Hörbücher, doch viel von der Magie der Nebel von Avalon steckt nicht nur in seiner spannenden Geschichte, sondern auch in den zahlreichen Details der Erzählung und in der packenden Stimme seiner Ich-Erzählerin Morgaine. Dass Audible nun endlich eine ungekürzte Hörbuchversion dieses großen Romans produziert hat, ist wunderbar. Hoffentlich wird sie nicht nur mir, sondern auch viele alte und neue Fans durch die Nebel der Zeit tragen und verzaubern.

Die Sprecherin Katharina Spiering

Eingelesen wurde das ungekürzte Hörbuch von Theater- und Fernsehschauspielerin Katharina Spiering. Sie fühlt sich in den Text ein, ohne zu übertreiben und liest ihn eher gefühlvoll, als dass sie ihn – und die zahlreichen Charaktere darin – interpretiert. Oft ist es ja so, dass Sprecher gern für sämtliche Figuren eigene Stimm-Melodien oder gar Dialekte entwickeln, und sich mitunter dabei verkünsteln. Oder dass Männer Frauenrollen sehr hauchig sprechen oder Frauen Männerrollen extrem markant. Nicht so Spiering: Der Klang ihrer Stimme passt zum mythischen Flair der Handlung. Trotzdem nimmt sie sich zurück, tritt als Sprecherin in den Hintergrund, und lässt so die Geschichte für sich wirken.

Hier geht es zum ungekürzten Hörbuch Die Nebel von Avalon von Marion Zimmer Bradley

Über den Rezensenten

Wer könnte den Fantasy-Klassiker treffender beschreiben als ein Meister des Fantasy-Fachs: der Redakteur von Nautilus und Betreiber des Blogs Fantasy News, Christian Handel (Darkstar) hat eine Rezension für alle Fantasyfans unter euch geschrieben.